Gastautoren-Special: Superfoods aus dem Alltag – Leinsamen

Leinsamen in einer Holzschüssel,daneben ein Löffel
Foto: nikolaydonetsk // Fotolia

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Ein Gastbeitrag von Niko Rittenau

Niko Rittenau ist studierter Ernährungsberater mit dem Fokus auf pflanzliche und nachhaltige Ernährung aus Berlin. Als Ernährungsfachkraft motiviert er zu gesundem, pflanzenbetontem Essverhalten, indem er Fachwissen lebendig und praxisnah vermittelt. In der nachfolgenden mehrteiligen Artikelreihe stellt Niko einige der gesündesten Lebensmittel überhaupt vor und klärt auf, warum diese so gesund sind und wie man sie optimal zubereitet.

Das Beste daran ist: Diese sehr gesunden Lebensmittel sind keineswegs teure, exotische Superfoods, welche man nur in ausgewählten Läden zu überhöhten Preisen erhält. Es handelt sich dabei um alltägliche Lebensmittel, die wir täglich im Supermarkt sehen und zukünftig hoffentlich öfter in unseren Einkaufswagen legen.

Superfoods: alles Hype oder was?

Der Hype um Superfoods nimmt auch weiterhin kein Ende und ich habe grundsätzlich auch gar kein Problem damit, wenn man sich immer wieder mal einige exotische Superfoods in sein Müsli oder seinen Smoothie streut. Auch einige von den ausgelobten Health Claims kann ich mit gutem Gewissen unterschreiben.

Denn bei den meisten Superfoods handelt es sich immerhin um vollwertige pflanzliche Lebensmittel und diese sind, wenig überraschend, meistens sehr gesund. Ich befürchte allerdings, dass man oft im Superfood-Dschungel den sprichwörtlichen „Wald vor lauter Bäumen“ nicht mehr sieht und vergisst, dass wir so viele großartige Superfoods hier vor Ort in Deutschland haben, die es mit den exotischen Importen aus aller Welt in vielen Fällen aufnehmen können.

Warum Leinsamen zu den Superfoods gehört

Das beste Beispiel dafür sind Leinsamen. Sie stehen den oft beworbenen Chia-Samen in Bezug auf ihre Inhaltsstoffe in nichts nach und übertreffen sie in einigen Fällen sogar. Darüber hinaus sind sie regionaler und günstiger und somit aus meiner Sicht vorzuziehen, wenn es das Rezept zulässt.

Leinsamen: Ein kleiner Kern mit großer Wirkung

Egal ob man sich Dr. Greger’s „Daily Dozen“*, Dr. Fuhrman’s „G-BOMBS“**-Liste, Brendan Brazier’s „Thrive Diet“** oder Dr. Barnard’s Programm zur Behandlung von Diabetes**** mit pflanzlicher Ernährung ansieht: Sie alle loben Leinsamen in den höchsten Tönen.

Was sind aber nun die Inhaltsstoffe, die den Leinsamen einen verdienten Platz in der Liste der Nährstoff-Champions verschaffen? Im Grunde sind es vor allem zwei Inhaltsstoffe, die Leinsamen so besonders machen. Zum einen ist es ihr extrem hoher Gehalt an der essenziellen Omega-3-Fettsäure „Alpha-Linolensäure“ (ALA), der bei kaum einem anderen Lebensmittel derart hoch ist (1). Zum anderen enthalten Leinsamen, ähnlich wie Sojabohnen, sogenannte „Phytoöstrogene“.

Während die Sojabohne eine Gruppe von „Isoflavonen“ enthält, nennt man die Gruppe von Phytoöstrogenen im Leinsamen „Lignane“. Viel wichtiger als die Bezeichnungen der Stoffe ist aber deren Wirkung. Die sehr vielfältigen positiven Wirkungen, die man bei der Einnahme von Leinsamen beobachten konnte, gehen dabei vermutlich aus der Synergie all ihrer wertvollen Inhaltsstoffe wie den Lignanen, den Omega-3-Fettsäuren aber auch den Ballaststoffen und anderen sekundären Pflanzenstoffen wie den Phytosterinen hervor.

Flax seeds,flax flowers red and blue on a wooden retro background
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Leinsamen als Gesundheits-Allrounder

Der regelmäßige Verzehr der im Leinsamen enthaltenen Alpha-Linolensäure konnte in Studien das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einige Krebsarten senken (2). Außerdem scheint eine gute Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren eine wichtige Rolle in der mentalen Gesundheit zu spielen, denn Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Mangel an diesen Fettsäuren mit dem Auftreten von Depressionen und Angstzuständen in Verbindung zu stehen scheint (3).

Besonders beeindruckend sind in meinen Augen darüber hinaus zwei prospektive, randomisierte, placebo-kontrollierte, doppelblind-Studien (also der Goldstandard der Ernährungswissenschaft), in denen den Teilnehmern Muffins mit Leinsamen über mehrere Wochen zu essen gegeben wurden.

Dies konnte bei der einen Gruppe der Brustkrebspatientinnen der ersten Studie im Vergleich zur Kontrollgruppe einen Rückgang des Wachstums der Tumorzellen bewirken (4) und in der anderen Untersuchung mit Patienten mit Hypertonikern deren Blutdruck soweit senken, dass ihr Risiko eines Schlaganfalls sich um die Hälfte reduzierte (5). Das alles scheint mehr als vielversprechend zu sein und nun stellt sich nur noch die Frage, wie man seine Leinsamen am besten zu sich nehmen sollte.

Der beste Weg Leinsamen zu essen

Der wichtigste Faktor, um die wertvollen Inhaltsstoffe von Leinsamen optimal aufnehmen zu können, ist es, ihre Schale vor dem Verzehr durch Mixen zu öffnen. Ich rate allerdings davon ab, vorgeschrotete Leinsamen zu kaufen. Ich würde einfach ein mal pro Woche die 7 Esslöffel für die Wochenration vormahlen und die geschroteten Leinsamen dann im Kühlschrank aufbewahren. Man kann dies ganz einfach in seinem herkömmlichen Haushaltsmixer tun und hat so für jeden Wochentag einen Esslöffel parat.

Was man im Anschluss damit macht, bleibt ganz den persönlichen geschmacklichen Vorlieben überlassen. Ich mag es einfach und simpel und gebe meine täglichen Esslöffel geschrotete Leinsamen immer morgens in mein Müsli, aber man kann sie im Prinzip auch über jedes andere Mittag- oder Abendessen streuen. Ich würde sie aber immer zu einer Mahlzeit hinzufügen, weil das Öl der Leinsamen die Aufnahme der fettlöslichen Vitamine und einiger sekundärer Pflanzenstoff im Gericht erhöht.

Leinsamen in der Küche

Gemahlene Leinsamen eignen sich darüber hinaus auch für die Herstellung leckerer Leinsamen-Cracker, sie können als Soßenbinder anstatt Stärke oder als wunderbares Bindemittel in Teigen anstatt dem Ei verwendet werden. Das Großartige an Leinsamen als Eiersatz ist, dass die in den Leinsamen enthaltenen Omega-3-Fettsäuren, im Gegensatz zu jenen im Leinöl, auch das Backen überstehen (6). Auch die enthaltenen Lignane sind hitzebeständig (7).

Ein Esslöffel gemahlene Leinsamen mit drei Esslöffeln Wasser können in den meisten Rezepten ein Ei ersetzen. Wie Dr. Greger es in „How Not To Die“ (8) so schön auf den Punkt bringt, sind diese „Leinsameneier“ aber nicht nur cholesterinfrei, sondern auch randvoll mit löslichen Ballaststoffen, die sogar dabei helfen, den Cholesterinspiegel zusätzlich zu senken (9).

Ich denke, kaum etwas ist so einfach, wie den täglichen Esslöffel geschrotete Leinsamen in seinen Speiseplan zu integrieren, weil man für diesen Punkt nichts an seinem Speiseplan ändern muss, sondern einfach nur über ein beliebiges Gericht diese kleinen Nährstoffwunder streuen muss. Wann immer ich quer durch Deutschland auf den Veggie-World-Messen bin, ist eine Dose mit einem Gemisch aus geschroteten Leinsamen, gehackten Walnüssen, Kurkuma und Pfeffer stets in einer Dose mit dabei, damit ich auch unterwegs meine Versorgung sicherstellen kann.

Quellen

* Dr. Greger’s „Daily Dozen“ ist eine Aufzählung von 12 Lebenmittel(gruppen), welche Dr. Michael Greger in seinem Buch „How Not To Die“ zum täglichen Verzehr empfiehlt, wobei nur 10 davon tatsächlich Lebensmittel sind. Nummer 11 bezieht sich auf Getränke und 12 auf Bewegung.

** G-BOMBS ist ein Akronym aus den Anfangsbuchstaben jener Lebensmittelgruppen, die Dr. Fuhrman für den täglichen Verzehr empfiehlt. Diese sind: Greens, Beans, Onions, Mushrooms, Berries, Seeds

*** Brendan Brazier stellt in seinem Buch „Vegan in Topform“ die Thrive Diät vor, mit welcher er als Triathlet und Ironman mit rein pflanzlicher Ernährung Höchstleistungen im Spitzensport erreichen konnte.

**** „Dr. Barnards revolutionäre Methode gegen Diabetes“ stellt ein rein pflanzliches Ernährungsprogramm dar, welches in klinischen Studien die positiven Einflüsse dieser Ernährungsweise im Kampf gegen Diabetes zeigen konnte.

1 Fuhrman, J. (2016). Das Ende aller Diäten – Nährstoffreich abnehmen ohne Hungern. Kandern: Unimedia, 126-129.

2 Connor, W. (2000). Importance of n-3 fatty acids in health and disease. Am J Clin Nutr. 71 (1), 171S-5S.

3 Lucas, M., Mirzaei, F., O’Reilly, E., Pan, A., Willett. W, Kawachi, I., Koenen, K., & Ascherio, A. (2011). Dietary intake of n-3 and n-6 fatty acids and the risk of clinical depression in women: a 10-y prospective follow-up study. Am J Clin Nutr. 93(6), 1337-43.

4 Thompson, L., Chen, J., Li, T., Strasser-Weippl, K. & Goss, P. (2005). Dietary flaxseed alters tumor biological markers in postmenopausal breast cancer. Clin Cancer Res. 11 (10), 3828-35.

5 Rodriguez-Leyva D, Weighell W, Edel AL, LaVallee R, Dibrov E et al. (2013). Potent antihypertensive action of dietary flaxseed in hypertensive patients. Hypertension. 62 (6), 1081-9.

6 Cunnane SC, Hamadeh MJ, Liede AC, Thompson LU, Wolever TM, Jenkins DJ. (1995). Nutritional attributes of traditional flaxseed in healthy young adults. Am J Clin Nutr. 61 (1), 62-8.

7 Hyvärinen HK, Pihlava JM, Hiidenhovi JA, Hietaniemi V, Korhonen HJ, Ryhänen EL. (2006). Effect of processing and storage on the stability of flaxseed lignan added to bakery products. J Agric Food Chem. 54 (1), 48-53.

8 Greger M. (2016). How Not To Die – Entdecken Sie Nahrungsmittel, die Ihr Leben verlängern und bewiesenermaßen Krankheiten vorbeugen und heilen. Kandern: Unimedica, 313.

9 Edel AL, Rodriguez-Leyva D, Maddaford TG, Caligiuri SP, Austria JA et al. (2015). Dietary flaxseed independently lowers circulating cholesterol and lowers it beyond the effects of cholesterol-lowering medications alone in patients with peripheral artery disease. J Nutr. 145 (4), 749-57.