„Positives Handeln kann ansteckend sein“ – Tim Bendzko im Interview

Tim Bendzko
Foto: Andre Josselin

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Seit 2011 prägt Tim Bendzko die Musiklandschaft mit Songs wie „Nur noch kurz die Welt retten“, Wenn Worte meine Sprache wären“, „Unter die Haut“ und „Keine Maschine“ maßgeblich. Tim Bendzko hat gezeigt, dass deutschsprachige Popmusik aufregend sein, die Massen begeistern und dabei trotzdem Haltung zeigen kann. Wir haben ihn im Interview nach seinem veganen Lieblingsessen gefragt, was ihn antreibt und natürlich, wann er endlich die Welt rettet.

Guten Morgen, Tim. Vielen Dank, dass du dir Zeit für uns nimmst. Wo erreichen wir dich gerade?

Sehr gerne. Ich bin in München im Hotel, da ich hier gerade meine neue Single im Studio aufnehme.

In deinen frühen Jahren hast du viele Interessen gezeigt. Du hast am Profi-Fußball geschnuppert, später Theologie studiert und warst Auktionator im Autohandel. Warum hast du dich schlussendlich für die Musik entschieden?

Auch wenn es komisch klingt, aber ich habe mit etwa 11 Jahren einfach beschlossen, dass ich Sänger werde. Ich weiß noch ganz genau, wie ich durch die Wohnung gelaufen bin und überlegt habe, was ich werden möchte und ganz nüchtern abgewogen habe: Es muss etwas sein, was mich erfüllt, irgendetwas sein, was ich auch gut kann und lange durchhalte. Schon als Kind habe ich gemerkt, dass Musik besondere Sachen mit mir macht. Von da an bin ich davon ausgegangen, dass ich Sänger werde. Ich habe es mir nicht nur gewünscht, sondern ich bin davon ausgegangen, dass das alles genau so kommt, wie es dann auch viele Jahre später gekommen ist.

"Ich habe mit etwa 11 Jahren einfach beschlossen, dass ich Sänger werde."

Tim Bendzko

Profifußball war nie eine Option für mich – hier fehlte mir auch ein wenig Talent. Und mit 18 oder 19 war ich mir sicher, dass mich noch niemand über das Leben singen hören möchte. Daher wollte ich erstmal etwas Sinnvolles machen. So kam ich zum Studium der evangelischen Theologie und nicht-christlichen Religionen. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich habe unglaublich viel gelernt. Einen Berufswunsche habe ich damit nicht verbunden – ich hatte ja schon beschlossen Sänger zu werden – aber es hat meinen Horizont erweitert.

Tim Bendzko on stage
Foto: Christoph Köstlin

Die Zeit als Auktionator war auch sehr spannend. Das Spannendste daran war aber am Ende meine bis heute erste und einzige Stimmbandentzündung, die ich als Auktionator bekommen habe. Das war für mich ein Wink des Schicksals, dass ich damit aufhören muss. Das habe ich getan und mich voll und ganz in die Musik gestürzt. Der Wettbewerb von den Söhnen Mannheims, den ich damals gewonnen habe, war ja auch so ein bisschen der Startpunkt meiner Karriere – der Gewinn war ein Konzert mitspielen zu dürfen vor 20.000 Zuschauern in der Waldbühne. Ich hatte damals wochenlang nicht gesprochen oder gesungen und bin dann vor 20.000 Zuschauern aufgetreten. Ein Sprung ins kalte Wasser, der sich aber auf lange Sicht gelohnt hat.

Du hast zahlreiche Musik-Preise gewonnen, warst im Vorprogramm für Weltstars wie Elton John und Joe Cocker und deine Singles und Alben haben Gold- und Platin-Status erreicht. Sehr beindruckend! Was sind deine nächsten Ziele? Was treibt dich an? Und wann dürfen deine Fans die nächste Single oder das nächste Album erwarten?

Das Schreiben von Songs ist meine größte Motivation. Preise sind natürlich super, darüber freue ich mich auch. Aber die größte Auszeichnung ist es, es so weit zu schaffen, einen Song oder ein Album zu veröffentlichen. Das ist und bleibt meine größte Motivation. Wenn ich ein Album fertig geschrieben und produziert habe, habe ich immer das Gefühl, dass ich keine Songs mehr schreiben kann. Das ist manchmal zum Verzweifeln, aber auch sehr reizvoll. Im Moment bin ich mittendrin. Meine neue Single ist so gut wie fertig, nachdem ich den Song so lange umgeschrieben habe, bis ich 100 % zufrieden war. Das neue Album wird vermutlich bis Jahresende auch fertig sein.

Wann können wir deine neue Single hören?

Ich habe den neuen Song schon live gespielt. Es macht jetzt schon Spaß ihn live zu spielen und ich freue mich richtig drauf, wenn er veröffentlicht ist und die Leute den Song dann schon mitsingen können. Heute verrate ich den Titel zum ersten Mal. Die Single heißt „Das Leben wieder leben“. Kernthema von dem Song ist das wieder Zusammenkommen.

Das passt ja gut in die aktuelle Zeit.

Die Gesellschaft entwickelt sich immer mehr in die Richtung, dass wir uns isolieren. Online-Shopping statt Einkaufen gehen, Streaming statt Kino, Messenger statt Real Life-Begegnungen. Während Corona haben wir gemerkt, dass wir das eigentlich gar nicht wollen. Das ist eine Chance, sich gegen diese Entwicklung zu wehren. Deswegen habe ich diesen Song geschrieben, der das Zusammenkommen abfeiert. Darin kommt die schöne Zeile vor: „Alles ist besser unter Freunden!“

"Ich denke, es sind die kleinen Schritte, die in Summe das Potenzial haben, die Welt zu retten, wenn alle mitmachen. "

Tim Bendzko

Foto: Sebastian Kortmann

Mit „Nur noch kurz die Welt retten“ hast du 2011 deinen großen Durchbruch gefeiert. Mit der VeggieWorld versuchen wir auch einen kleinen Beitrag zur Rettung der Welt zu leisten. Was ist dein kleiner Beitrag zur Rettung der Welt?

Ich versuche viele kleine Dinge im Alltag umzusetzen. Ich denke, es sind die kleinen Schritte, die in Summe das Potenzial haben, die Welt zu retten, wenn alle mitmachen. Ich habe Photovoltaik auf meinem Haus, ich fahre seit fünf Jahren beruflich wie privat voll elektrisch und ich achte bei meiner Ernährung auf Qualität und Nachhaltigkeit. Beim Mülltrennen bin ich noch nicht so gut, arbeite aber daran. Letztlich ist es ganz banal: man fängt bei sich selber an. Ich denke, wenn man ein positives Vorbild ist, kann man damit mehr erreichen, als anderen zu erzählen, was sie zu tun haben. Ich erlebe in meinem Umfeld immer wieder, dass positives Handeln ansteckend sein kann.

"Ich erlebe in meinem Umfeld immer wieder, dass positives Handeln ansteckend sein kann."

Tim Bendzko

Das ist eine perfekte Überleitung. Bei der VeggieWorld geht es uns auch darum, zu zeigen und vorzumachen, wie abwechslungsreich, einfach und bunt die vegane Lebensweise sein kann, damit es möglichst viele Leute im Alltag nachmachen können.

Genau deswegen unterstütze ich das auch. Die meisten Menschen wissen gar nicht, wie einfach und gut das ist. Ich komme aus Berlin, hier gibt es an jeder Straßenecke vegane Auswahl. Ich erinnere mich an die Zeit von vor fünf Jahren. Wenn ich außerhalb von Berlin nach Alternativen zu Kuhmilch gefragt habe, wurde ich mit großen Augen angeguckt. Mittlerweile sind Milchalternativen zum Glück sehr verbreitet.

Wie machst du das in deinem Alltag? Ernährst du dich vegan?

Ich habe mich einige Zeit vollständig vegan ernährt. Das hat mir dabei geholfen, den Konsum von Tierprodukten auf ein Minimum zu reduzieren. Ich trinke zum Beispiel gar keine Kuhmilch, weil ich es absurd finde, die Muttermilch einer anderen Spezies zu trinken. Ich ernähre mich aber nicht mehr vollständig vegan, weil ich in meinem Alltag Schwierigkeiten hatte, mich ausgewogen zu ernähren. Ich esse an vielen unterschiedlichen Orten und oft zu ungewöhnlichen Zeiten. Leider ist es noch nicht so, dass man vegan überall gut und vor allem gesund essen kann. Das war das einzige Problem, das ich mit der veganen Ernährung hatte. Ich habe aber den Eindruck es wird immer einfacher. Wenn sich das Angebot weiter verbessert, kann ich mir gut vorstellen, wieder konsequent vegan zu essen.

"Ich trinke keine Kuhmilch, weil ich es absurd finde, die Muttermilch einer anderen Spezies zu trinken."

Tim Bendzko

Was ist dein veganes Lieblingsprodukt?

Ohne Hafermilch käme ich nicht durch den Tag. Ansonsten esse ich Lebensmittel, die von Natur aus vegan sind, wie Gemüse und Salat.

Vielen Dank, Tim, dass du dir die Zeit genommen hast!