Gastautoren-Special: Superfoods aus dem Alltag – Beeren

Superfood Beeren: Hände mit Blaubeeren
Foto: Sergii Mostovyi // Fotolia

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Ein Gastbeitrag von Niko Rittenau

Niko Rittenau ist studierter Ernährungsberater mit dem Fokus auf pflanzliche und nachhaltige Ernährung aus Berlin. Als Ernährungsfachkraft motiviert er zu gesundem, pflanzenbetontem Essverhalten, indem er Fachwissen lebendig und praxisnah vermittelt. In der nachfolgenden mehrteiligen Artikelreihe stellt Niko einige der gesündesten Lebensmittel überhaupt vor und klärt auf, warum diese so gesund sind und wie man sie optimal zubereitet.

Das Beste daran ist: Diese sehr gesunden Lebensmittel sind keineswegs teure, exotische Superfoods, welche man nur in ausgewählten Läden zu überhöhten Preisen erhält. Es handelt sich dabei um alltägliche Lebensmittel, die wir jeden Tag im Supermarkt sehen und zukünftig hoffentlich öfter in unseren Einkaufswagen legen.

Viele großartige pflanzliche Lebensmittel haben ein schweres Imageproblem: Nüsse machen angeblich dick, Soja verursacht Brustkrebs und verweiblicht Männer und Früchte verursachen aufgrund ihres bösen Fruchtzuckers Diabetes. Tatsächlich könnten all diese Aussagen nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein. Bevor wir auf die wichtige Thematik des Fruchtzuckers in Obst eingehen, stellt sich jedoch die Frage, warum es denn gerade Beeren in die Reihe der „Superfoods aus dem Alltag“ geschafft haben?

Beeren: Superfood & Nährstoffwunder

Beeren werden im Rahmen der Bücher von Dr. Fuhrman und seiner „G-BOMBS“-Liste* und in Dr. Greger’s „Daily Dozen“** so oft genannt, wie nur wenige andere Lebensmittel. Im Gegensatz zu Leinsamen oder Walnüssen, die wenig gleichwertige Alternativen innerhalb ihrer eigenen Lebensmittelgruppe haben, gibt es in der Gruppe der Beeren jede Menge Nährstoffwunder.

Unter den gängigen, erhältlichen Beerensorten scheinen Brombeeren den höchsten Gehalt an Antioxidantien zu haben, aber alle Beeren sind eine großartige Ergänzung zum täglichen Speiseplan(1). Konkret scheinen unter den sekundären Pflanzenstoffen in Beeren die zur Gruppe der Flavanoide gehörenden „Anthozyane“ eine wichtige Rolle in der positiven Wirkung der Beeren zu spielen.

Supergesund: Beeren beugen Krankheiten vor

Eine der umfangreichsten Studien, die jemals durchgeführt wurde, ist die von der „Bill & Melinda Gates Foundation“ finanzierte „Global Burden of Disease Study“, welche mangelnden Obstkonsum als wichtigsten Faktor für vorzeitigen Tod und Invalidität nannte. An Platz zwei folgte zu viel Natrium (vor allem durch zu viel Salz) und Platz drei belegte mangelnder Nussverzehr.

Beeren haben dabei in einer Reihe von Untersuchungen wahrhaft erstaunliche Ergebnisse erzielt. So legen Wissenschaftler nahe, dass der regelmäßige Verzehr von Beeren wirksam in der Prävention von so unterschiedlichen Erkrankungen wie Demenz(2), Herz-Kreislauf-Erkrankungen(3) und einigen Krebserkrankungen(4) sein kann.

Keine Angst vor Fruchtzucker!

Obwohl Obst in einigen Fällen große Mengen an Fruchtzucker enthält, ist der Blutzuckeranstieg durch den Konsum ganzer Früchte nicht dramatisch. Wie Dr. Greger in einem seiner Videos auf nutritionfacts.org erklärt, können Beeren sogar helfen, kleine Ernährungssünden zumindest zum Teil auszugleichen. Wenn wir beispielsweise Pancakes mit Beeren essen, ist der Blutzuckeranstieg aufgrund der sekundären Pflanzenstoffe in den Beeren sogar geringer als ganz ohne Blaubeeren, obwohl die absolute Menge an Zucker durch die Beeren ja sogar ansteigt(5).

Das Argument von vielen Low-Carb Befürwortern, dass große Mengen an Fruchtzuckern zu einer Abnahme der Leberfunktion(6), Bluthochdruck und Gewichtszunahme(7) führen, scheint nur auf isolierten Fruchtzucker und nicht auf ganze Früchte zuzutreffen. Denn in ganzem Obst befindet sich neben dem Fruchtzucker auch noch eine Fülle an Ballaststoffen, sekundären Pflanzenstoffen und anderen Inhaltsstoffen, welche die Effekte des Fruchtzuckers auszugleichen scheinen(8).

Diese Erkenntnis ist doppelt erfreulich, da viele Gerichte auch einfach besser schmecken, wenn ein paar Früchte hinzugefügt werden und umgekehrt einige sekundäre Pflanzenstoffe wie Carotinoide besser mit dem Fett aus der Mahlzeit aufgenommen werden können. Das Frühstücksmüsli schmeckt ja eigentlich erst dank dem Obst richtig gut, aber auch in Curries, Gemüsepfannen oder den meisten anderen Gerichten macht sich eine kleine Portion Obst geschmacklich hervorragend.

Auch Diabetiker sollten ihre tägliche Portionen an Früchten aus Angst vor einem Blutzuckeranstieg nicht vernachlässigen. Denn wie Untersuchungen zeigen, haben ganze Früchte keine negativen Effekte auf deren Blutzuckerspiegel(9).

Und auch wenn ich nicht dazu rate, sich ausschließlich von Früchten zu ernähren, zeigte eine Untersuchung mit Personen, die fast ausschließlich Obst aßen, dass es wohl kein „zu viel Obst“ gibt. Denn trotz der riesigen Menge an Fruchtzucker aus Obst konnten keine negativen Effekte auf deren Gewicht, Blutzuckerspiegel und Blutfettwerte gemessen werden(10). Der einzige Kritikpunkt von meiner Seite wäre, dass man zu wenig von anderen wichtigen Nährstoffen aus Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchten bekommt, wenn man sich ausschließlich von Obst ernährt.

Beeren unterstützen beim Abnehmen

Es scheint aber nicht nur so zu sein, dass Beeren nicht dick machen, sondern uns sogar beim Abnehmen unterstützen können. Dr. Fuhrman weist auf eine Untersuchung hin, die besagt, dass die in Beeren enthaltenen Anthocyane die Bildung neuer Fettsäuren in der Leber zum Teil unterdrücken können und so den Abbau von Fettdepots anregen(11).

Außerdem scheinen Beeren im Rahmen einer pflanzlichen Ernährung einen besonders positiven Einfluss auf jene Bakterien in unserer Darmflora zu haben, welche für einen schlanken Körper förderlich sind(12). Dass unser Darm mit seinen Bakterien eine sehr zentrale Rolle in Bezug auf unser Gewicht und Wohlbefinden hat, wurde spätestens mit dem großen Erfolg des Buchs „Darm mit Charme“ von Giulia Enders auch durch die Medien verbreitet. Und um das Gleichgewicht unserer Darmflora aufrechtzuerhalten, spielt eine ballaststoffreiche Ernährung mit einem ausreichenden Anteil an rohem Obst eine wesentliche Rolle.

Superfood Beeren: Große Schale mit Blau- und Himbeeren
Foto: Sergey Chayko // Fotolia

Richtiges Haltbarmachen: das ganze Jahr Beeren

Beeren sind in Deutschland nur während einer gewissen Zeit im Jahr erhältlich und so stellt sich die Frage, wie wir unsere tägliche Portion Beeren auch im Winter erhalten können. Wie es scheint, zerstört das Einkochen zu Marmelade zu Zwecken der Haltbarmachung einen Großteil der wichtigen Inhaltsstoffe(13), während einfrieren und gefriertrocknen einen großen Teil der Inhaltsstoffe schützt(14). So kann man also am Ende der Beerensaison nochmal kräftig Beeren sammeln und diese für die darauffolgenden Monate einfrieren oder gleich tiefgefrorene Beeren kaufen.

Wenn man einen guten Mixer besitzt, kann man direkt aus gefrorenen Beeren, gefrorenen Bananen, etwas Mandelmus und Kakao ein leckeres und gesundes Schoko-Fruchteis machen oder man gibt sie am Vorabend aus dem Kühlschrank, sodass sie am nächsten Morgen für den Frühstücksbrei aufgetaut sind. Aber wie gesagt: Beeren sind nur eine von vielen Obstsorten und die generelle Empfehlung sollte in erster Linie lauten: Habt keine Angst vor Fruchtzucker in ganzen Lebensmitteln und esst täglich Obst!

Weitere Ernährungstipps von Niko Rittenau

Im VeggieWorld Magazin findest du weitere Artikel aus der Artikelreihe „Superfoods aus dem Alltag“ von Niko Rittenau.

Auch im VeggieWorld Podcast könnt ihr mehr über Niko, seine Arbeit und seine veganen Ernährungstipps für den Alltag erfahren.

  • High Carb ist das neue Low Carb: In Veg­gie­World Pod­cast Epi­so­de #15 spricht Niko Rittenau über die Frage, ob die Basis unserer Ernährung pflanzlich und damit kohlenhydratbetont oder “Low Carb” mit jeder Menge tierischer Produkte sein sollte.
  • In Veg­gie­World Pod­cast Epi­so­de #005 diskutiert Niko Rittenau Ernährungsmythen in Bezug auf Vitamin B12, Gluten, Soja, Kokosöl und Zucker.
  • Kann gesundes Essen lecker sein? Kann leckeres Essen gesund sein? Niko Rittenau und Sebastian Copien haben mit “Vegan Klischee adé! Das Kochbuch” ein Werk herausgebracht, das Kulinarik und Ernährungswissenschaf verbindet. Was sie dazu bewegt hat und wie du gleichzeitig lecker und gesund kochst erfährst du im VeggieWorld Podcast #153.

Quellen

* G-BOMBS ist ein Akronym aus den Anfangsbuchstaben jener Lebensmittelgruppen, die Dr. Fuhrman für den täglichen Verzehr empfiehlt. Diese sind: Greens, Beans, Onions, Mushrooms, Berries, Seeds

** Dr. Greger’s „Daily Dozen“ ist eine Aufzählung von 12 Lebenmittel(gruppen), welche Dr. Michael Greger in seinem Buch „How Not To Die“ zum täglichen Verzehr empfiehlt, wobei nur 10 davon tatsächlich Lebensmittel sind. Nummer 11 bezieht sich auf Getränke und 12 auf Bewegung.

1 Carlsen MH,#Halvorsen BL,Holte K,Bøhn SK,Dragland S, et al. (2010). The total antioxidant content of more than 3100 foods, beverages, spices, herbs and supplements used worldwide. Nutr J. 9, 3.

2 Devore EE, Kang JH, Breteler MM & Grodstein F. (2012). Dietary intakes of berries and flavonoids in relation to cognitive decline. Ann Neurol. 72 (1), 135-43.

3 Huxley RR & Neil HA. (2003). The relation between dietary flavonol intake and coronary heart disease mortality: a meta-analysis of prospective cohort studies. Eur J Clin Nutr. 57 (8), 904-8.

4 Stoner GD, Wang LS & Casto BC. Laboratory and clinical studies of cancer chemoprevention by antioxidants in berries. Carcinogenesis. 29 (9), 1665-74.

5 Törrönen R, Kolehmainen M, Sarkkinen E, Poutanen K, Mykkänen H & Niskanen L. Berries reduce postprandial insulin responses to wheat and rye breads in healthy women. J Nutr. 143 (4), 430-6.

6 Petta S, Marchesini G, Caracausi L, Macaluso FS, Cammà C et al. (2013). Industrial, not fruit fructose intake is associated with the severity of liver fibrosis in genotype 1 chronic hepatitis C patients. J Hepatol. 59(6):1169-76.

7 Madero M, Arriaga JC, Jalal D, Rivard C, McFann K et al. The effect of two energy-restricted diets, a low-fructose diet versus a moderate natural fructose diet, on weight loss and metabolic syndrome parameters: a randomized controlled trial. Metabolism. 2011 Nov;60(11):1551-9.

8 Petta S, Marchesini G, Caracausi L, Macaluso FS, Cammà C et al. (2013). Industrial, not fruit fructose intake is associated with the severity of liver fibrosis in genotype 1 chronic hepatitis C patients. J Hepatol. 59(6):1169-76.

9 A S Christensen, L Viggers, K Hasselström, S Gregersen. Effect of fruit restriction on glycemic control in patients with type 2 diabetes–a randomized trial. Nutr J. 2013 Mar 5;12:29.

10 J Jenkins, C W Kendall, D G Popovich, E Vidgen, C C Mehling, V Vuksan, T P Ransom, A V Rao, R Rosenberg-Zand, N Tariq, P Corey, P J Jones, M Raeini, J A Story, E J Furumoto, D R Illingworth, A S Pappu, P W Connelly. Effect of a very-high-fiber vegetable, fruit, and nut diet on serum lipids and colonic function. Metabolism. 2001 Apr;50(4):494-503.

11 Chang JJ, Hsu MJ, Huang HP, Chung DJ, Chang YC, Wang CJ. (2013). Mulberry anthocyanins inhibit oleic acid induced lipid accumulation by reduction of lipogenesis and promotion of hepatic lipid clearance. J Agric Food Chem. 2013 Jun 26;61(25):6069-76.

12 Tuohy KM, Conterno L, Gasperotti M, Viola R. (2012). Up-regulating the human intestinal microbiome using whole plant foods, polyphenols, and/or fiber. J Agric Food Chem. 60 (36), 8776-82.

13 Rababah TM, Al-Mahasneh MA, Kilani I, Yang W, Alhamad MN et al (2011). Effect of jam processing and storage on total phenolics, antioxidant activity, and anthocyanins of different fruits. J Sci Food Agric. 91 (6), 1096-102.

14 Marques KK, Renfroe MH, Brevard PB, Lee RE, Gloeckner JW. (2010). Differences in antioxidant levels of fresh, frozen and freeze-dried strawberries and strawberry jam. Int J Food Sci Nutr. 61 (8), 759-69.

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